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Die Energiewelt ist sehr komplex – hier wollen wir für Orientierung sorgen.

Jan-Oliver Heidrich, EHA Geschäftsführer und Vorsitzender des Energieausschusses beim Handelsverband Deutschland HDE
Jan-Oliver Heidrich, EHA Geschäftsführer und Vorsitzender des Energieausschusses beim Handelsverband Deutschland HDE

Wie wir das machen wollen? Wir sammeln kurze Fragen, rund um das Thema Energie und werden diese möglichst kurz und auf den Punkt beantworten. Für die Antworten ist unser Energieexperte und Geschäftsführer Jan-Oliver Heidrich zuständig.

Sollten Sie selbst Ideen für Fragen haben, auf die Sie eine prägnante Antwort haben wollen, teilen Sie uns diese gerne mit.

16.11.2023
Netzentgelte für Windstrom: Wie Gerechtigkeit schaffen?

In den windstromreichen Gebieten vornehmlich im Norden Deutschlands bezahlen die Verbraucher höhere Strompreise. Der Grund dafür ist, dass die Kosten für den Anschluss von Windanlagen ans Stromnetz auf die jeweiligen Netzbetreiber umgelegt werden. Um dieser Benachteiligung ein Ende zu setzen, plant die Bundesregierung eine gesetzliche Änderung, welche niedrigere Gebühren für Regionen mit viel Windkraft zur Folge hätte.

Eine solche Neuregelung der Netzentgelte würde allerdings auch keine für alle Seiten gerechte Lösung darstellen, solange die Nutzung des Netzes nur von den Verbrauchern getragen wird. Stattdessen sollte die Diskussion in der Gesamtheit und verursachergerecht betrachtet werden. Ein faires Modell nimmt auch die Betreiber der Windkraftanlagen und nicht einseitig die Verbraucher in die Pflicht.

31.08.2023
Nach dem Atomausstieg im April: Kann Deutschland sich noch selbst mit Strom versorgen?

Jan-Oliver Heidrich: „Aktuell erleben wir eine stark ideologisch geführte Diskussion über diese Frage. Tatsächlich hat Deutschland seit dem Atomausstieg merklich mehr Strom importiert als im Vergleichszeitraum der Vorjahre. Das ist kaum verwunderlich, weil der Wegfall von Erzeugungsleistung nicht folgenlos bleiben kann. Bis zur Schaffung von Ersatzkapazitäten – die Ampel plant Windkraftanlagen und Gaskraftwerke – wird sich daran wenig ändern und das wirkt mit Sicherheit auch preissteigernd.

Allerdings lässt sich aus der negativen Strombilanz keine Gefährdung der Versorgungssicherheit ableiten. Der importierte Strom war schlichtweg billiger zu haben, als wenn man zur Bedarfsdeckung heimische Kraftwerke hochgefahren hätte. Die „gesicherte Kraftwerksleistung“ (ohne fluktuierende Erneuerbare) liegt heute bei 90 Gigawatt, die benötigte Leistung beträgt zwischen 40 und 75 Gigawatt.

Deutschland setzt also bewusst auf Stromimporte, ist aber nicht davon abhängig. In Zukunft könnte es jedoch zu einer Abhängigkeit kommen, was angesichts eines gemeinsamen europäischen Strommarktes nicht zwangsläufig schlimm wäre. Österreich zum Beispiel ist seit Jahren auf Stromimporte angewiesen. Fraglich ist aber zudem, ob unsere Nachbarländer dauerhaft so viel Strom exportieren möchten.“

31.08.2023
Lässt der Atomausstieg unsere CO2-Emissionen steigen?

Jan-Oliver Heidrich: „Bislang ist der deutsche Strommix nicht schmutziger geworden. Seit dem Atomausstieg wurde in Deutschland sogar weniger Strom aus fossilen Quellen erzeugt als in den meisten Vergleichszeiträumen der vergangenen Jahre. Die weggefallene Leistung der AKW wurde nicht durch Kohleverstromung, sondern durch einen reduzierten Verbrauch und gesteigerte Stromimporte kompensiert. Der importierte Strom hat einen niedrigeren fossilen Anteil als unsere heimische Erzeugung. Hätte Deutschland diese Energie nicht eingeführt, sondern mit Gas- und Kohlekraftwerken selbst erzeugt, wären jedenfalls mehr Emissionen entstanden.

Sollten die Stromimporte zukünftig reduziert werden, ginge das zu Lasten unserer CO2-Bilanz. Auch während der sonnenarmen Wintermonate könnte der Strommix schmutziger werden, weil die Erneuerbaren dann deutlich weniger zur Deckung des Verbrauchs beitragen. Große Auswirkungen erwarte ich aber nicht.“

09.06.2023
Atomausstieg vollzogen – macht sich das beim Strompreis bemerkbar?

Jan-Oliver Heidrich: „Deutschland hat im April die letzten drei Atomkraftwerke abgeschaltet, die zuletzt immerhin etwa sechs Prozent des Energiebedarfs deckten. Blackouts drohen zwar nicht, aber der Ausstieg könnte sich bei der Stromrechnung bemerkbar machen.

Eine genaue Prognose fällt schwer, denn die verschiedenen, strompreisbestimmenden Effekte lassen sich nicht isoliert betrachten. Aktuell zum Beispiel wirkt die hohe Einspeiseleistung von Erneuerbaren Energien preisdämpfend. Ungewöhnlich ist allerdings, dass auf dem Strommarkt die Grundlast derzeit teurer als die Spitzenlast angeboten wird. Grundsätzlich gilt: Wird Erzeugungskapazität nicht-preissetzender Kraftwerke vom Markt genommen, ist das preissteigernd.“

09.06.2023
Entscheidet die Verfügbarkeit französischer Kernkraft über unsere Energiewende?

Jan-Oliver Heidrich: „In Frankreich droht anhaltende Dürre auch in diesem Jahr wieder die Atomenergieerzeugung zu beeinträchtigen, weil Kühlwasser für die Kraftwerke fehlt. Die deutsche Energiewende kalkuliert den Import von Atomstrom aus unserem Nachbarland durchaus mit ein, wobei es auf die Energieleistung und nicht die Energiemenge ankommt. Grundsätzlich ist aber die Verfügbarkeit von französischem Atomstrom nicht entscheidend für ein Gelingen der Energiewende.

Das Wichtigste für eine erfolgreiche Energiewende ist vielmehr die Investitionsbereitschaft der Wirtschaft in die Erzeugung der Erneuerbaren. Was das anbelangt, erleben wir aktuell gleich drei kritische Entwicklungen: steigende Zinsen, wachsende Material und Baukosten sowie auftretende Kannibalisierungseffekte durch immer stärkeren Wettbewerb. Diese Faktoren schmälern die Renditen und gefährden die Energiewende.“

21.03.2023
Energieversorgung aus Erneuerbaren – wann sind wir bei 100 Prozent?

Jan-Oliver Heidrich: „Der Anteil der Erneuerbaren im Strommix lag in 2022 bei knapp unter 50 Prozent. Das mag zunächst viel klingen, doch in den letzten Jahren stagnierte dieser Wert. Die Ausschreibungen für Windenergieanlagen zum Beispiel waren zuletzt deutlich unterzeichnet.

Grundsätzlich sind die Entwicklungen beim Ausbau der Erneuerbaren immer sehr kurzfristig und stark geprägt von den Fördersystemen. Eine seriöse Prognose, bis wann wir 100 Prozent Erneuerbare erreichen, fällt daher schwer. Jedenfalls hat sich Deutschland das politische Ziel gesetzt, im Jahr 2045 klimaneutral zu sein. Technisch möglich ist es allemal, allerdings auch kostenintensiv.“

21.03.2023
Vorwärts-Rückwärts-Zähler für Photovoltaikanlagen – eine einfache Lösung?

Jan-Oliver Heidrich: „Bei unseren dänischen Nachbarn zum Beispiel wird es praktiziert und auch hierzulande mag es den Betreibern von Photovoltaikanlagen reizvoll erscheinen: das sogenannte Net Metering. Speist die eigene Anlage Strom ins Netz, zählt der Strommengenzähler rückwärts, kommt Strom aus dem Netz, läuft der Zähler vorwärts. So ermittelt sich die Differenz von selbst.

Allerdings ist das Einfache nicht immer das Beste. Bei einer Umstellung auf das Net Metering Verfahren müssten die Anlagenbetreiber für den erzeugten Strom keine Netzentgelte bezahlen. Das wäre unsolidarisch gegenüber einem System, von dessen Förderung die Solarstromerzeuger in der Vergangenheit profitiert haben. Dazu kommt, dass viele Menschen wie Mieter gar keine Möglichkeit haben, selber Strom zu produzieren.“

21.03.2023
Smart Meter für Gas – gibt es das?

Jan-Oliver Heidrich: „Intelligente Stromzähler sind heute weit verbreitet und ermöglichen Unternehmen ein schnelles Energiecontrolling sowie eine Stromkostenoptimierung. Beim Gas allerdings wird in der Regel auf traditionelle, mechanische Messtechnik gesetzt.

Während Stromzähler per se elektrische Messgeräte sind, müssen die vergleichsweise komplexeren Gaszähler für Fernauslesbarkeit mit digitalen Auslesegeräten und Kommunikationseinheiten ausgerüstet werden, was technisch sehr aufwändig ist. Zugleich wäre jedoch der Nutzen von flächendeckend verbauten Gas Smart Metern für die Energiewende gering.“

21.03.2023
Energie ist Mangelware – warum exportiert Deutschland Strom?

Jan-Oliver Heidrich: „Die EU hat einen gemeinsamen Energiebinnenmarkt etabliert und die Strommärkte der Länder sind automatisiert miteinander verknüpft. Nationale Strommärkte profitieren nämlich von einem grenzüberschreitenden Stromhandel, weil so Unterschiede beim Verbrauch und der Erzeugung besser kompensiert werden können.

Im Jahr 2022 hat Deutschland per saldo circa 26 TWh mehr Strom aus- als eingeführt. Der Großteil der Exporte floss nach Österreich und Frankreich, deren Erzeugungskapazitäten den eigenen Bedarf nicht decken konnten.

Für den Exportüberschuss gibt es noch einen weiteren Grund. Strom aus erneuerbaren Energiequellen lässt sich nicht speichern und muss in Spitzenzeiten der Erzeugung häufig exportiert werden.“

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