"Energieeffizienz ist Mittel zum Zweck und kein Selbstzweck" - Das Experteninterview mit Dr.-Ing. Ingrid Vogler, GdW

Energieeffizienz ist Mittel zum Zweck und kein Selbstzweck
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Der GdW Bundesverband deutscher Wohnungs- und Immobilienunternehmen e. V. vertritt als größter deutscher Branchendachverband bundesweit und auf europäischer Ebene rund 3.000 kommunale, genossenschaftliche, kirchliche, privatwirtschaftliche, landes- und bundeseigene Wohnungsunternehmen.

Dr.-Ing. Ingrid Vogler leitet beim GdW den Bereich Energie und Technik und wir haben ihr einige Fragen gestellt.

Der GdW bewirtschaftet rund sechs Millionen Wohnungen. Wer in solchen Größenordnungen tätig ist, kann einen relevanten Beitrag zum Gelingen der Energiewende leisten. Was hat Ihr Verband in puncto Energie und Klimaschutz bis heute erreicht?

Unser Monitoring zeigt, dass von 1990-2015 der Endenergieverbrauch in den bewirtschafteten Wohnungen um 30 % vermindert werden konnte. Die Treibhausgasemissionen konnten im selben Zeitraum um 60 % vermindert werden. Hintergrund ist, dass zum einen in den neuen Bundesländern in den 1990er Jahren erheblicher Instandhaltungsbedarf bestand und dieser regelmäßig mit (gut geförderter) energetischer Modernisierung verbunden wurde, über mehrere Jahre mit Sanierungsraten von 3 % pro Jahr. Hinzu kommt, dass der erhebliche Anteil kohlebeheizter Wohnungen auf Gas oder Fernwärme umgestellt wurde. Auch in den alten Ländern wurde energetisch modernisiert, hier waren es aber vor allem die Nachtspeicherheizungen, die durch Gas oder Fernwärme abgelöst wurden.

Profilbild zu: Dr.-Ing. Ingrid Vogler

Über Dr.-Ing. Ingrid Vogler

Dr. Ing. Ingrid Vogler ist Leiterin Energie und Technik im Referat Energie, Bauen, Technik beim GdW Bundesverband deutscher Wohnungs- und Immobilienunternehmen e. V.
Bildquelle: GdW, Urban Ruths

Gibt es in der Wohnungswirtschaft noch Potenzial hinsichtlich der geringinvestiven Maßnahmen? Stichwort Anlageneffizienz …

Alle bisherigen Projekte zur Anlageneffizienz zeigen, dass Einsparungen von 10-15 % oder mehr erreicht werden können. Uns liegen aber keine Zahlen dazu vor, wieviel Prozent der Wohnungen dies schon umgesetzt haben bzw. wie hoch das praktische Potenzial noch ist.

Erkennen Sie derzeit branchenrelevante Entwicklungen im Bereich der Energieeffizienz?

Die vielleicht wichtigste Erkenntnis ist, dass Energieeffizienz Mittel zum Zweck ist und kein Selbstzweck. Wenn man in Richtung CO2-armer Wärmeversorgung, speziell im Quartierszusammenhang, denkt, muss die Energieeffizienz genauso hoch sein, dass die Versorgung mit einem passenden CO2-armen Konzept, sei es über Fernwärme oder über lokale Gewinnung erneuerbarer Energien, wirtschaftlich umsetzbar ist.

Welche Rolle spielt der Einsatz moderner Messtechnik bei der Bewirtschaftung des GdW-Bestands? Nutzen Sie Smart-Meter Technologie und wenn ja für welche Energieträger (Strom, Gas)? Findet ein Verbrauchsmonitoring statt?

Auch moderne Messtechnik muss sich einem Kosten-Nutzen-Verhältnis stellen. Aus technischer Sicht mag der Einsatz von möglichst vielen Messgeräten mit möglichst moderner Technologie für das bessere Verständnis einer Liegenschaft gewünscht sein. Aus Sicht der Kosten der Bewirtschaftung eines Objektes ist eher ein Optimum an Messtechnik zu finden. Smart Meter im Bereich Strom und vor allem im Bereich Gas stehen noch am Anfang, unter anderem auch deswegen, weil noch nicht die berühmten drei zertifizierten Geräte am Markt verfügbar sind.

Welche Bedeutung hat die dezentrale Stromerzeugung? Setzt der GdW eher auf Photovoltaik oder auf Blockheizkraftwerke?

Dezentrale Stromerzeugung ist gerade im Quartierszusammenhang ein wichtiger Baustein für eine ganzheitliche Planung. Photovoltaik und Blockheizkraftwerke ergänzen sich dabei. Es kommt jedoch auch darauf an, wofür der Strom genutzt werden soll: Für den Hausbedarfsstrom z. B. wenn Lüftungsanlagen vorhanden sind, für eine Wärmepumpe, für Mieterstrom oder sogar für Elektromobilität? Leider sind die Rahmenbedingungen für die dezentrale Stromerzeugung denkbar schlecht und für einen Teil der Wohnungsunternehmen aus steuerlichen Gründen, die steueraufkommensneutral leicht beseitigt werden könnten, auch nicht möglich.

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