Die energiepolitischen Vorhaben der neuen Bundesregierung

Mit dem Koalitionsvertrag gibt es den Fahrplan für die Energiepolitik in den nächsten Jahren.
Zusammenfassung der energiepolitischen Vorhaben
Die neue Bundesregierung plant keine Rückkehr zur Atomkraft in Deutschland. Stattdessen wird der Ausbau der erneuerbaren Energien weiter forciert und die Kernfusion soll das Energieproblem der Zukunft lösen.
Schwarz-rot betont die Bedeutung des europäischen Emissionshandels und der nationalen CO2-Bepreisung. Beide Instrumente sollen dafür sorgen, dass der Treibhausgasausstoß schrittweise verteuert wird, um so einen Anreiz zu bieten, in klimafreundliche Technologien zu investieren.
Grundsätzlich soll bei der Energiewende künftig stärker auf Bezahlbarkeit und Kosteneffizienz geachtet werden.
Weitere Vorhaben im Überblick
Energiemonitoring bis Sommer 2025 als Grundlage
Um eine Grundlage für die Energiepolitik zu schaffen, wird bis zum Sommer 2025 ein Monitoring durchgeführt, das den zu erwartenden Strombedarf sowie den Stand der Versorgungssicherheit, des Netzausbaus, des Erneuerbaren-Ausbaus, der Digitalisierung und des Wasserstoff-Hochlaufs erfasst.
Kernfusion als Perspektive
CDU/CSU und SPD setzen laut Koalitionsvertrag perspektivisch auf die Nutzung der Kernfusion. Danach soll binnen 10 bis 15 Jahren der erste Fusionsreaktor in Deutschland gebaut werden.
Erneuerbare Energien-Anlagen sollen sich am Markt refinanzieren
Beim Erneuerbaren-Ausbau geben die Koalitionäre das Ziel aus, dass sich die Anlagen perspektivisch vollständig am Markt refinanzieren. Für den weiteren Hochlauf von Erneuerbaren und Speichern soll ein gesicherter Investitionsrahmen gewährleistet sein – bei verstärkter Einbindung marktwirtschaftlicher Instrumente.
Neugestaltung der Förderung von Photovoltaik
Die Förderung der Photovoltaik soll in Verbindung mit Speichern systemdienlich ausgestaltet werden, Betreiber von Bestandsanlagen bekommen Anreize für eine netzdienliche Einspeisung. Die Anmeldung von Photovoltaik-Anlagen soll durch Digitalisierung und Standardisierung vereinfacht werden.
Bau neuer Gaskraftwerke
Zu den konkreten Aussagen in der Energiepolitik zählt auch der Bau neuer Gaskraftwerke mit einer Leistung von bis zu 20 Gigawatt (GW) in den nächsten fünf Jahren.
Diese Anlagen können dann zugeschaltet werden, wenn zu wenig Energie aus Windkraft- und Photovoltaikanlagen erzeugt wird.
Strompreise senken
Um Unternehmen und Verbraucher bei den Energiekosten zu entlasten, sollen die Strompreise um mindestens fünf Cent pro Kilowattstunde sinken. Dazu will die neue Bundesregierung als Sofortmaßnahme die Stromsteuer für alle Abnehmer auf das europäische Mindestmaß senken und Umlagen sowie Netzentgelte reduzieren. Perspektivisch sollen die Netzentgelte dauerhaft gedeckelt werden. Es bleibt bei einer einheitlichen Stromgebotszone.

Kommentar Jan-Oliver Heidrich, EHA-Geschäftsführer
Jan-Oliver Heidrich, EHA-Geschäftsführer und Vorsitzender Energieausschuss beim Handelsverband Deutschland (HDE) kommentiert die Pläne der neuen Bundesregierung.
Bedeutet der Koalitionsvertrag einen energiepolitischen Bruch oder Kontinuität?
Heidrich: Große Überraschungen sind ausgeblieben, vieles kennen wir schon aus der Vergangenheit. Kontinuität wird zum Beispiel bei den Ausbauzielen der Erneuerbaren gewahrt und auch beim Zubau von Gaskraftwerken. Ein neuer Akzent ist hingegen der Fokus auf Kosteneffizienz und Versorgungssicherheit. Das ist auch notwendig, denn zuletzt sind beide Aspekte vernachlässigt worden. Das energiepolitisches Zieldreieck besteht aus den Seiten Versorgungssicherheit, Bezahlbarkeit und Umweltverträglichkeit, die in Wechselwirkung stehen und gleichwertig betrachtet werden müssen.
Was begrüßen Sie außerdem?
Heidrich: Das Monitoring zum Strombedarf ist sicherlich sinnvoll. So lässt sich beispielweise der kostspielige Netzausbau an realistischen Bedarfen orientieren.
Weiterhin halte ich es für überlegenswert, dass bei Photovoltaik-Bestandsanlagen eine Nullvergütung bei negativen Strompreisen geprüft werden soll. So schafft man Anreize, Erzeugungsüberschüsse zu vermeiden. Das Problem besteht schließlich schon länger und wird nun hoffentlich angegangen.
Als Energiedienstleister freuen wir uns auch über den Erhalt der einheitlichen Strompreiszone in Deutschland. Die Vorteile überwiegen bei Weitem. Ansonsten drohen Investitionen in Erneuerbare Energien auf der Strecke zu bleiben und die Akzeptanz für den dringend benötigten Netzausbau wäre gefährdet.
Können Unternehmen also bald mit sinkenden Strompreisen rechnen?
Heidrich: Ja, das steht zu erwarten. Auf der Fixkostenseite greift die Abschaffung der Stromsteuer, was längst überfällig war. Ursprünglich war die Stromsteuer als „Ökosteuer“ dazu bestimmt, Energie zu verteuern und fossile Brennstoffe weniger attraktiv zu machen. Heute haben wir aber die CO₂-Bepreisung, die Einsparanreize setzt.
Darüber hinaus wird über eine Netznutzungs-Deckelung nachgedacht, um zu verhindern, dass die Gebühren für den Stromtransport zu stark steigen, auch dies würden wir begrüßen.
Ebenso angebracht wäre eine Reform der Netzentgeltrabatte. Nach § 19 Absatz 2 Stromnetzentgeltverordnung (StromNEV) profitieren insbesondere industrielle Stromabnehmer von einem deutlich reduzierten Sondernetzentgelt, wenn sie möglichst dauerhaft über den Jahresverlauf eine hohe Strommenge beziehen. Eine solche Bandlastprivilegierung ist in einem Stromsystem mit hohen Anteilen erneuerbarer Erzeugung nicht mehr zeitgemäß.

Über EHA
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