Energiewende in Deutschland: Die zwei Seiten für Unternehmen

Energiewende in Deutschland: Die zwei Seiten für Unternehmen
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Die Energiewende ist das wohl tiefgreifendste Transformationsprojekt Deutschlands seit Jahrzehnten.

Für Unternehmen bedeutet sie nicht nur technische Umrüstung, sondern strategische Neuausrichtung – mit neuen Pflichten, aber auch konkreten betriebswirtschaftlichen Chancen.

Zwei Seiten der Medaille: Investition vs. Wettbewerbsfähigkeit

Viele Maßnahmen der Energiewende fordern Unternehmen aktuell heraus: steigende Energiepreise, neue gesetzliche Anforderungen, Investitionen in Ladeinfrastruktur oder PV-Anlagen. Doch genau darin kann der Schlüssel liegen: Wer heute bedacht handelt, sichert sich Vorteile von morgen.

Die Energiewende ist nicht nur eine Klimapolitik – sie ist auch eine Antwort auf:

  • steigende Volatilität bei Energiepreisen,
  • Abhängigkeit von Importen,
  • den wachsenden Druck von Kapitalmarkt und Regulierern auf ESG-konformes Handeln.

Drei Ziele, ein Weg: Warum die Energiewende unter Spannung steht

Klar ist: Die Maßnahmen und Herausforderungen der Energiewende lassen sich nicht losgelöst voneinander betrachten – sie sind immer Teil eines größeren energiepolitischen Spannungsfeldes.

Im Zentrum steht dabei das sogenannte energiepolitische Zieldreieck: Versorgungssicherheit, Wirtschaftlichkeit und Umweltverträglichkeit.

Diese drei Ziele stehen oft in Zielkonflikten zueinander – etwa, wenn wirtschaftlich sinnvolle Maßnahmen durch hohe Investitionskosten ausgebremst werden oder wenn Versorgungssicherheit kurzfristig mit fossilen Energieträgern gesichert werden muss.

Wie Unternehmen sich innerhalb dieses Zieldreiecks positionieren können und warum es sich lohnt, alle drei Dimensionen im Blick zu behalten, beleuchten wir in diesem Beitrag: Das energiepolitische Zieldreieck einfach erklärt – und was es für Unternehmen bedeutet.

Was ist die Energiewende eigentlich?

Die Energiewende bezeichnet den umfassenden Umbau des deutschen Energiesystems: weg von fossilen Energieträgern und Kernenergie, hin zu erneuerbaren Quellen wie Wind- und Solarenergie. Zentrale Elemente sind der Ausbau erneuerbarer Energien, die Steigerung der Energieeffizienz, die Digitalisierung, die Elektrifizierung sowie die Dezentralisierung der Energieversorgung. Ziel ist es, Deutschland bis zum Jahr 2045 klimaneutral zu machen – ein Vorhaben, das im Bundes-Klimaschutzgesetz verbindlich festgeschrieben ist. ​

Die Energiewende betrifft nicht nur die Stromerzeugung, sondern erstreckt sich auch auf die Wärmeversorgung, den Verkehrssektor und industrielle Prozesse. Sie beeinflusst, wie Gebäude beheizt, Fahrzeuge betrieben und Produktionsstandorte mit Energie versorgt werden – und das branchenübergreifend.

Kosten der Energiewende – und wer sie trägt

Die Energiewende ist mit erheblichen Investitionen verbunden – wie hoch diese am Ende ausfallen werden, schätzen Forschungsinstitute, Verbände und Beratungsunternehmen unterschiedlich.

Eine aktuelle Studie von Aurora Energy Research geht davon aus, dass sich die Gesamtkosten bis zum Jahr 2045 auf rund 3,44 Billionen Euro summieren werden.

Der Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) geht von einem Investitionsbedarf von 723 Milliarden Euro alleine bis 2030 und 1,2 Billionen Euro bis 2035 aus.

Die unterschiedlichen Zahlen resultieren vor allem daraus, dass die Studien verschiedene Zeiträume, Rahmenbedingungen und Technologieszenarien betrachten.

Einigkeit herrscht jedoch darüber, dass der nachhaltige Umbau des Energiesystems nur durch enorme Investitionen in Erzeugung, Netze, Speichertechnologien und Effizienzmaßnahmen gelingen kann.

Wer trägt die Kosten der Energiewende?

Die Kosten der Energiewende in Deutschland werden auf verschiedene Schultern verteilt:

Unternehmen tragen die Energiewendekosten auf mehreren Ebenen:

  • Direkte Investitionen: in Photovoltaikanlagen, Wärmepumpen, Ladeinfrastruktur, Energieeffizienzmaßnahmen und die Transformation von Produktionsprozessen.
  • Regulatorische Pflichten: durch neue Gesetze wie das Energieeffizienzgesetz, die CSRD oder das GEG entstehen zusätzliche Berichtspflichten, Planungsaufwände und Implementierungskosten.
  • Kosten über Strompreisbestandteile: Unternehmen zahlen diverse Stromumlagen und -abgaben. Zwar können stromintensive Unternehmen von Entlastungen profitieren (z. B. Besondere Ausgleichsregelung), die Mehrheit der Unternehmen trägt aber weiterhin einen relevanten Teil dieser Umlagen.

Privathaushalte und Verbraucher: Über Energiepreise, Netzentgelte, Umlagen und künftig über höhere Anforderungen an Gebäude (z. B. energetische Sanierungen) tragen Verbraucher einen erheblichen Teil der Investitionen indirekt mit.

Staat und öffentliche Hand: Der Bund und die Länder steuern erhebliche Summen über Förderprogramme, Subventionen und Steuervergünstigungen bei. Dazu gehören die Bundesförderung für effiziente Gebäude (BEG), Förderungen für Wasserstoffprojekte, Ladeinfrastrukturprogramme und Netzsubventionen.

Investoren und Finanzmärkte: Ein wachsender Teil der Finanzierung erfolgt über private Investoren, Banken, Fonds und Green Bonds. Die Kapitalmärkte spielen eine entscheidende Rolle, um die gewaltigen Summen für Infrastrukturprojekte und Innovationen bereitzustellen.

Energiewirtschaft: Netzbetreiber, Energieversorger und Betreiber großer Infrastrukturen tragen eigene Investitionsverpflichtungen – etwa beim Ausbau der Strom- und Wasserstoffnetze oder bei der Transformation von Kraftwerken.

Energiewende Gesetze: Wegweiser und politische Treiber

Die Energiewende wird maßgeblich von gesetzlichen Rahmenbedingungen, Förderinstrumenten und politischen Zielvorgaben geprägt.

Ob verpflichtende CO₂-Bepreisung, Ausbauquoten für erneuerbare Energien oder neue Reportingstandards: Gesetze, Verordnungen und Förderprogramme setzen den Takt – und bestimmen Tempo wie Richtung der Transformation.

Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG)

Das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) ist eines der zentralen Instrumente der deutschen Energiewende. Es schafft die rechtlichen und wirtschaftlichen Rahmenbedingungen für den Ausbau, die Marktintegration und die Systemeinbindung von Strom aus erneuerbaren Quellen wie Wind und Sonne – mit dem Ziel, Deutschland bis 2045 klimaneutral zu machen.

Bundes-Klimaschutzgesetz (KSG)

Das Bundes-Klimaschutzgesetz legt verbindliche Ziele zur Reduktion von Treibhausgasemissionen fest – mit dem langfristigen Ziel der Treibhausgasneutralität bis 2045. Zwischenziele sind eine Minderung um 65 % bis 2030 und 88 % bis 2040 gegenüber dem Stand von 1990.

In Kombination mit dem EEG, das Investitionen in erneuerbare Energien konkret fördert, bildet das KSG den strategischen Rahmen für eine langfristige, klimaneutrale Unternehmensentwicklung.

Energiewirtschaftsgesetz (EnWG)

Das Energiewirtschaftsgesetz schafft die grundlegenden Rahmenbedingungen für die Energieversorgung in Deutschland. Es regelt unter anderem den diskriminierungsfreien Netzzugang, die Versorgungssicherheit sowie die Organisation des Energiemarktes.

Für Unternehmen ist das EnWG besonders relevant bei der Anbindung eigener Erzeugungsanlagen ans Netz, der Nutzung von Direktvermarktungslösungen oder beim Betrieb von Messstellen. Auch die Pflichten rund um intelligente Messsysteme (Smart Meter) sind im EnWG verankert und gewinnen im Zuge der Digitalisierung der Energiewende zunehmend an Bedeutung.

Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD)

Die CSRD verpflichtet große Unternehmen ab dem Geschäftsjahr 2024 zur umfassenden Nachhaltigkeitsberichterstattung nach verbindlichen EU-Standards. Die ersten Berichte, die das Geschäftsjahr 2024 betreffen, sind im Jahr 2025 zu veröffentlichen.

Dabei rücken auch Energieverbrauch, Emissionen und Klimarisiken in den Fokus – entlang der gesamten Wertschöpfungskette.

Mehr Details zu Inhalt, Pflichten und Zeitplan finden Sie im Blogartikel „CSRD: Alle Informationen für Unternehmen zusammengefasst“.

Energieeffizienzgesetz (EnEfG)

Das neue Energieeffizienzgesetz verpflichtet größere Unternehmen zur Einführung eines Umwelt- oder Energiemanagementsystems und zur Umsetzung wirtschaftlich sinnvoller Effizienzmaßnahmen.

Alle Details zu Pflichten und Fristen haben wir im Beitrag „Energieeffizienzgesetz: Energie sparen für die Energiewende“ zusammengefasst.

Gebäude-Elektromobilitätsinfrastruktur-Gesetz (GEIG)

Das GEIG verpflichtet Unternehmen, bei Neubauten und größeren Renovierungen die Voraussetzungen für Ladeinfrastruktur zu schaffen – etwa durch Leerrohre oder fest installierte Ladepunkte.

Ab 2025 greift zudem eine Pflicht zur Nachrüstung bei bestehenden Nichtwohngebäuden.

Was das für Stellplätze, Energieplanung und Gebäudeentwicklung bedeutet, lesen Sie im Artikel „GEIG: Alles zum Gebäude-Elektromobilitätsinfrastruktur-Gesetz“.

Kraft-Wärme-Kopplungsgesetz (KWKG)

Das Kraft-Wärme-Kopplungsgesetz fördert Anlagen, die gleichzeitig Strom und nutzbare Wärme erzeugen. Durch diese gekoppelte Produktion wird der Brennstoff effizienter genutzt und der CO₂-Ausstoß reduziert.

Unternehmen profitieren durch das KWKG von Zuschüssen für den Bau und Betrieb von KWK-Anlagen. Gerade für Betriebe mit hohem Wärmebedarf – etwa Hotels, Krankenhäuser oder produzierende Unternehmen – kann sich der Einsatz von KWK-Technologie finanziell und ökologisch lohnen. Zudem unterstützt die Technologie die Sektorenkopplung und trägt aktiv zur Erreichung der Klimaziele bei.

Fahrplan Energiewende für Unternehmen – in 6 praxisnahen Schritten

1. Status quo analysieren

  • Erfassung des aktuellen Energieverbrauchs, der Kosten und Emissionen (z. B. über Energiemonitoring)
  • Prüfung vorhandener Infrastruktur (Gebäude, Erzeuger, Fuhrpark, Prozesse)
  • Einordnung in gesetzliche Schwellenwerte (CSRD, EnEfG, BEG etc.)

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2. Ziele definieren

  • Klimaziele (z. B. CO₂-neutral bis 2045, internes Zwischenziel 2030)
  • wirtschaftliche Ziele (z. B.  20 % Stromkostenreduktion)
  • ESG-Vorgaben aus dem Konzern, von Investoren oder Kunden

3. Strategie und Prioritäten festlegen

  • Auswahl von Maßnahmenfeldern (z. B.  Photovoltaik, Wärmepumpen, Ladeinfrastruktur, Gebäudehülle)
  • Kombination aus kurzfristig umsetzbaren Maßnahmen und langfristiger Roadmap
  • Identifikation von Förderprogrammen und Finanzierungspartnern

4. Umsetzung starten

  • Planung und Umsetzung erster Maßnahmen ( z. B. Installation PV, Einführung Energiemanagementsystem)
  • Schulung von Mitarbeitenden
  • Aufbau interner Prozesse für Dokumentation und Monitoring

5. Wirkung messen & Berichtspflichten erfüllen

  • Messung von Einsparungen und CO₂-Reduktion
  • Erfüllung regulatorischer Anforderungen (z. B. CSRD-Reporting, EnEfG-Nachweise)
  • Zertifizierungen (z. B. ISO 50001)

6. Weiterentwickeln & skalieren

  • Nachjustierung der Maßnahmen je nach Markt- und Technikentwicklung
  • Skalierung auf weitere Standorte oder Gesellschaften
  • Einbindung in Nachhaltigkeitskommunikation, Marketing, Kundenbindung

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