Erneuerbare Energien: Preistreiber oder Preissenker?

Industriestrompreise sind in Europa ein strategischer Wettbewerbsfaktor.
Dieser Beitrag analysiert Unterschiede, Ursachen und Chancen für Unternehmen – von regulatorischen Rahmenbedingungen bis hin zu grenzüberschreitenden Beschaffungsstrategien.
Erneuerbarer Energien wirken zunehmend preisdämpfend
Die Wirkung Erneuerbarer Energien auf den Strompreis ist komplex, doch mittelfristig zeigen sich zunehmend preisdämpfende Effekte. Dies gilt insbesondere im Großhandelsmarkt. Während kurzfristige Herausforderungen bestehen, zeichnen sich langfristig wirtschaftliche Vorteile ab.
Kurzfristige Effekte: Börsenpreise sinken – mitunter bis unter Null
Durch die Einspeisung von Strom aus Wind und Photovoltaik mit nahezu null Grenzkosten sinken die Preise an der Strombörse – dies ist eine direkte Folge des sogenannten Merit-Order-Prinzips.
Die Anzahl der Stunden mit negativen Strompreisen hat in den letzten Jahren deutlich zugenommen – wobei die beiden Jahre 2021 und 2022 hierbei aufgrund der generell höheren Preisniveaus im Zuge der durch den Ukrainekrieg ausgelösten Energiekrise aus dem Trend fallen.
Demgegenüber stehen sogenannte Dunkelflauten. Zeiträume, in denen weder die Sonne scheint noch Wind weht – typischerweise im Winterhalbjahr. In solchen Phasen fehlt der kostengünstige Strom aus erneuerbaren Quellen und der Bedarf muss durch konventionelle Kraftwerke oder Stromimporte gedeckt werden. Das führt regelmäßig zu signifikanten Preisspitzen an der Börse.
Für die kommenden Jahre erwarten wir, dass die Anzahl der Stunden mit negativen Strompreisen weiter steigt, insbesondere aufgrund des fortschreitenden Ausbaus erneuerbarer Energien ohne einen Ausbau von Speicher- und Netzkapazitäten im dazu passenden Maße.
Gleichzeitig werden Dunkelflauten auch weiterhin auftreten, jedoch voraussichtlich nicht häufiger als bisher. Zudem werden ihre Auswirkungen in den nächsten Jahren durch verbesserte Speicherlösungen und Netzintegration Schritt für Schritt gemildert werden könnten.
Mittelfristige Perspektive: Speicher & Flexibilität senken Systemkosten
Mit zunehmender Integration von Speichersystemen, intelligenter Netzsteuerung und Lastmanagement lässt sich die Volatilität erneuerbarer Einspeisung wirtschaftlich abfangen. Dadurch wird das Stromsystem stabiler und effizienter – was langfristig auch die Gesamtkosten senken kann.
Eine Studie des Fraunhofer ISE aus dem Jahr 2024 zeigt, dass beispielsweise Photovoltaik in Kombination mit Batteriespeichern bereits heute günstiger Strom erzeugt als neue konventionelle Kraftwerke – mit Gestehungskosten von nur 5 bis 12 ct/kWh, je nach Auslegung.
Strompreise im Wandel – Einflussfaktoren allgemein
Zu den wesentlichen Komponenten des Strompreises zählen der Börsenpreis, die Netzentgelte, Umlagen und Steuern.
Alle Informationen zu den Einflussfaktoren allgemein finden Sie in unserem Beitrag „Die Zusammensetzung der Strompreise“.
Systemkosten im Hintergrund: Netzausbau, Speicher, Backup
Auch Backup-Kraftwerke, die bei geringer Sonneneinstrahlung oder Windflaute zum Einsatz kommen, müssen finanziert werden.
Diese Aktivitäten führen zu steigenden Netzentgelten, welche die Verbraucher mittel- bis langfristig belasten.
Diese Investitionen sind jedoch alternativlos für die Energiewende in Deutschland, um eine klimaneutrale Stromversorgung in einem zunehmend elektrifizierten Gesamtsystem (Mobilität, Wärme, Industrie) überhaupt realisieren zu können.
Unsere Empfehlung: Volatilität aktiv managen
Die Energiewende und der Ausbau erneuerbarer Energien verändern die Preisstruktur des Strommarkts tiefgreifend. Mit kurz- bis mittelfristig steigender Volatilität, aber auch mit neuen Chancen für strategisch aufgestellte Unternehmen.
Gerade filialisierte Betriebe oder Unternehmen mit hohem Energiebedarf können von den Marktbewegungen profitieren, wenn sie gezielt auf strukturierte Strombeschaffung setzen. Diese erlaubt es, Preisrisiken aktiv zu steuern, Einkaufsmengen zu staffeln und von günstigen Börsenphasen zu profitieren – anstatt von Preisspitzen überrascht zu werden.
Die Volatilität des Strommarkts ist kein Risiko, das es zu fürchten gilt – sondern ein Gestaltungsspielraum, der strategisch genutzt werden kann.
Christoph Hain, Leiter Sales, EHA
Ein weiteres zukunftsweisendes Instrument sind Corporate Power Purchase Agreements (CPPAs). Sie ermöglichen es Unternehmen, sich langfristig grünen Strom zu fixen Konditionen zu sichern – unabhängig von kurzfristigen Preisausschlägen oder Dunkelflauten. Damit werden nicht nur Kosten planbarer, sondern auch Nachhaltigkeitsziele greifbar erfüllt.

Über EHA
Die EHA Energie-Handels-Gesellschaft ist der Energiedienstleister für Unternehmen mit vielen Standorten. Als verlässlicher Partner in allen Energiethemen bieten wir ein breites Spektrum an Services und Mehrwerten, die immer genau auf die Bedürfnisse unserer Kunden zugeschnitten sind.