Aufteilung in Strompreiszonen - kein Vorbild für Deutschland

Jan-Oliver Heidrich über mögliche Preiszonen in Deutschland

Aktualisiert

Bildquelle: GettyImages

An der Börse gehandelter Strom ist in Deutschland überall gleich teuer. Aber wie lange noch? Die EU-Regulierungsbehörde ACER hat im August 2022 die Einrichtung unterschiedlicher Marktgebiete und damit die Entstehung von Strompreiszonen gefordert, so wie es in anderen europäischen Ländern bereits der Fall ist.

Kommt das so, würden sich die Preise in den Regionen deutlich unterscheiden. Der Geschäftsführer und Vorsitzende des Energieausschusses beim Handelsverband Deutschland (HDE) Jan-Oliver Heidrich erläutert und kritisiert die Pläne der EU.

Strompreiszonen bedeuten regional deutlich unterschiedliche Preise

Für Strompreiszonen in Europa gibt es bereits einige Beispiele: Italien hat sieben Preiszonen, Norwegen sechs, Schweden vier und Dänemark deren zwei. Auch für eine Neustrukturierung des Strommarkts in Deutschland mit derzeit noch einheitlicher Preiszone gibt es gute Gründe.

Jan-Oliver Heidrich, EHA Geschäftsführer und Vorsitzender des Energieausschusses beim Handelsverband Deutschland HDE
Jan-Oliver Heidrich, EHA Geschäftsführer und Vorsitzender des Energieausschusses beim Handelsverband Deutschland HDE

Das Nord-Süd-Gefälle in der Stromerzeugung verursacht auf zwei Ebenen zusätzliche Kosten:

  1. Steigen die Netzentgelte vor allem in Norddeutschland, wo viele Windparks ans Netz angeschlossen sind und die Netzbetreiber daher in den Ausbau der Leitungen investieren mussten. Die Kosten dafür tragen die regionalen Verbraucher.
  2. Muss ein kostspieliges Redispatch-Management betrieben werden. Mit diesen Maßnahmen halten die Netzbetreiber Angebot und Nachfrage im Einklang, um die Versorgungssicherheit zu gewährleisten. Oftmals werden in diesem Zuge Windparks im Norden der Republik vom Netz genommen und konventionelle Erzeugungsanlagen im Süden hochgefahren.

Gut zu wissen

Redispatch-Management bedeutet den gezielten Eingriff in die Erzeugungsleistung von Kraftwerken, um vor einer Überlastung in bestimmten Leitungsabschnitte zu schützen.

Günstiger Norden, teurer Süden?

Die EU-Regulierungsbehörde ACER hat nun vorgeschlagen, Deutschland in bis zu fünf Strompreiszonen aufzuteilen. So ließen sich die physischen Restriktionen des regionalen Stromnetzes besser ausgleichen. Die Grenzen der Preiszonen sollten da verlaufen, wo wenig Leitungen vorhanden und das Netz nicht hinreichend ausgebaut ist.

In der Konsequenz würden die Preise in den Regionen sinken, die mehr Strom erzeugen als sie benötigen. Das wäre im Sommer tendenziell eher der Süden mit seinen Photovoltaik-Anlagen, im Winter der Norden mit seiner Windkraft. Mehrheitlicher Nutznießer wären aber eher die norddeutschen Bundesländer, die zuletzt ihre Windstromproduktion stark ausgebaut haben und naturgemäß auch die Nutznießer des Offshore-Ausbaus sind. In der oder den Strompreiszonen des Südens wären somit im Jahresverlauf höhere Kosten  zu erwarten, da der Strombedarf aufgrund des Industrialisierungsgrades hier hoch ist. Ob sich dann Industrieunternehmen in günstigeren Strompreiszonen ansiedeln, oder Unternehmen aus teureren Zonen einfach nur abwandern, ist dabei nicht ausgemacht.

Besser Netzausbau forcieren

Ein neues Marktdesign mit unterschiedlichen Preiszonen wäre daher ein Spaltkeil für unser Land. Angesichts eines steuerfinanzierten EEG-Systems ist eine finanzielle Mehrbelastung des Südens problematisch. Die bessere Alternative ist die Schaffung von Leitungskapazitäten, so wie es auch die von der Bundesregierung eingesetzte Expertenkommission zum Energiewende-Monitoring (ExpKom) fordert.

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