EU-Strommarktreform kommt – neues Strommarktdesign angestrebt

Aktualisiert

Strommarktreform: EU will neues Strommarktdesign
Credits: Grecaud Paul / www.adobestock.com

Die Europäische Union hat die Reform des gemeinsamen Strommarktes der Länder beschlossen. Verbraucher sollen damit zukünftig besser vor schwankenden und hohen Strompreisen geschützt werden.

Verursacht durch den Ukrainekrieg und die Ausfälle französischer Atomkraftwerke stiegen in 2022 die Strompreise schlagartig an. Damit solche bösen Überraschungen in Zukunft nicht mehr vorkommen, reformiert die EU ihr Strommarktdesign. Neben stabileren und niedrigeren Preisen geht es dabei auch um Anschub für den Ausbau der Erneuerbaren Energien.

„Merit-Order-Prinzip“ gilt weiterhin

Vorweg: Die Preisbildung auf dem Markt bleibt durch die Reform unangetastet und abhängig von den bei der Stromerzeugung eingesetzten fossilen Brennstoffen. Weiterhin werden gemäß der Merit Order die Kraftwerke, die billig Strom produzieren, als erstes zur Einspeisung herangezogen. Am Ende bestimmt dann aber das zuletzt geschaltete, d. h. das teuerste Kraftwerk den Preis.

Contracts for Difference (CfD) – für vorhersehbare Preise

Als Puffer zwischen den Märkten und den Stromrechnungen etabliert die EU jetzt langfristige zweiseitige Differenzverträge zwischen Regierungen und Stromerzeugern.

Wie funktioniert ein zweiseitiger Differenzvertrag?

Zweiseitige Differenzverträge werden eine wichtige Rolle bei der Stabilisierung des Strommarktes und der Förderung von Investitionen in Energie aus erneuerbaren Quellen spielen. Quelle: Europäisches Parlament, europarl.europa.eu, Stand 04/2024

Die Contracts for Difference (CfD) sind ein symmetrisches Fördermodell und garantieren investitionswilligen Erzeugern einen Mindestpreis für ihre Energie aus Wind-, Solar- und Kernkraft (in Deutschland nur für Investitionen in Erneuerbare). Fällt der Marktpreis unter eine bestimmte Schwelle, springt der Staat ein und gleicht die Differenz aus. Umgekehrt gehen Überschüsse ab einer definierten Schwelle an den Staat.

Was bedeutet das für Unternehmen?

Stromverbraucher können sich bald sowohl für Festpreisverträge als auch für Verträge mit dynamischen Preisen entscheiden. Unternehmen profitieren also von stabileren Preisen, wenn sie langfristige Versorgungsverträge abschließen.

Wer hingegen meint, Preisschwankungen ausnutzen und spontan billigen Strom einsetzen zu können, setzt auf Verträge mit sich verändernden Preisen.

Befürchtungen der Wirtschaft

Die Strommarktreform wird von manchen Unternehmen vor allem aus der Industrie kritisch gesehen. Streitpunkt ist die von der Bundesnetzagentur angestrebte Flexibilisierung der Nachfrage als Reaktion auf die durch den Zubau von Strom aus erneuerbaren Energien unbeständigere Einspeisung. Derzeit bekommen stromintensive Unternehmen Sondernetzentgelte, die zu einem konstanten Abnahmeverhalten anreizen (sogen. Bandlastprivileg). Die Bundesnetzagentur plant nun aber ein neues Rabattsystem, welches das Hochfahren bei niedrigen Preisen und die Verbrauchsreduzierung bei hohen Preisen belohnt. Eine solche Anpassung ihrer Verbräuche an die volatile Erzeugung scheint jedoch vielen Unternehmen unmöglich zu sein oder wird zumindest als Wettbewerbsnachteil angesehen.

Jan-Oliver Heidrich, EHA Geschäftsführer und Vorsitzender des Energieausschusses beim Handelsverband Deutschland HDE
Jan-Oliver Heidrich, EHA Geschäftsführer und Vorsitzender des Energieausschusses beim Handelsverband Deutschland HDE

Die Expertenbewertung

Jan-Oliver Heidrich, EHA Geschäftsführer und Vorsitzender Energieausschuss beim Handelsverband Deutschland (HDE) betrachtet die Strommarktreform insgesamt als sinnvoll: „Das neue Marktdesign setzt in Deutschland einen Anreiz für Investitionen in erneuerbare Energien. Schließlich müssen Stromgestehungskosten refinanziert und Renditeanforderungen von Investoren befriedigt werden.

Allerdings stoße die Finanzierung des Systems perspektivisch an Grenzen, weil der Differenzbetrag zwischen sinkenden Marktwerten der Erneuerbaren und den Stromgestehungskosten ausgeglichen werden muss. Das passierte bisher durch die EEG-Umlage, jetzt über das Steuersystem. Mit weiterem Zubau Erneuerbarer Energien wird jedoch auch der zu finanzierende Differenzbetrag wachsen.

Der europäische Strommarkt ist grundsätzlich eine Erfolgsgeschichte, er wird immer wichtiger und funktioniert immer besser. Letztendlich profitieren die Verbraucher“, sagt Jan-Oliver Heidrich.

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